Bernd und Hilla Becher
Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebietes
1959–1978
Silbergelatineabzüge
146-teilig, arrangiert in 12 Typologien, je 40,5 x 31,1 cm
Sammlung Gegenwartskunst, Dauerleihgabe Peter Paul Rubens-Stiftung und Photographische Sammlung/SK-Stiftung Kultur, Köln
Die „Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebietes“ gehören zu den am frühesten begonnen Werkgruppen von Bernd und Hilla Becher. Seit 1959, und in ihrem Kern bis 1978, lichtete das Künstlerpaar im Siegerland regionaltypische Fachwerkbauten ab. Zwischen 1865 und 1914 entstanden, stellen die Fachwerkhäuser mit ihrem einfachen, riegellosen Fachwerk ein Sondertyp des Bauens dar, der einzigartig ist und ausschließlich im Siegerland vorkommt.
Bereits zu Beginn ihrer Zusammenarbeit Ende der 1950er Jahre einigten sich Bernd und Hilla Becher auf eine bestimmte fotografische Herangehensweise: Die Arbeit mit einer Plattenkamera im Format 13 x 18 cm ermöglichte eine verzerrungsfreie Wiedergabe der Objekte und eine gleichmäßige Tiefenschärfe. Weitere Bedingungen, um den Eindruck großer Sachlichkeit in den Fotografien zu erreichen, waren der leicht erhöhte Standpunkt, die Zentrierung des Motivs und die diffuse Lichtsituation. Das Künstlerpaar arbeitete im Herbst und frühen Frühjahr bei bedecktem Himmel, da die dann herrschende neutrale Beleuchtung die Häuser mit ihrer grafischen Struktur besonders hervorhebt und ihre Umgebung in gleichmäßigem Grau zeigt.
Die Sprödigkeit und Einfachheit der Häuser wird durch diese neutrale Darstellung noch betont, so ist keine Ablenkung vom Objekt möglich. Zugleich erfahren die Häuser im Bild eine Monumentalisierung, die sie als einfach gehaltene Wohnhäuser von Handwerkern und Bergarbeiter der Siegerländer Gruben und Zechen nicht hatten. Im Gegenteil: Architektonisch fallen sie nur als Ensemble auf.
Die Gratwanderung zwischen zugleich objektiver wie sehr persönlicher Darstellungsweise der Fotografen, zwischen sachlicher Erscheinung im Sinne der klassischen Dokumentarfotografie und dem besonderen Blick für die formal-ästhetische Dimension der abgelichteten Gebäude, bewirkt, dass der Betrachter diese oft unbeachteten Objekte als „anonyme Skulpturen“ wahrnimmt.
Einen ausführlichen Beitrag zu den Siegerländer Fachwerkhäusern mit Fotos, Texten und Hörstücken finden Sie in unserer Rubrik „Entdecken“, anwählbar über die Menüleiste oder diesen Link: https://www.mgksiegen.de/de/entdecken/3476/bernd-und-hilla-becher-fachwerkhauser-des-siegener-industriegebietes