Der Rubenspreis der Stadt Siegen
und die Sammlung Lambrecht-Schadeberg
Ein weltbekannter Barockmaler, 14 Preisträger*innen und über 60 Jahre Ausstellungsgeschichte. Der Rubenspreis ist seit seiner Gründung ein spannender Teil der Siegener Stadtgeschichte und liefert eine europäische Perspektive der Malerei. Entdecken Sie die Hintergründe zur Geschichte des Rubenspreises, seinen bekannten Preisträger*innen und der besonderen Sammlung Lambrecht-Schadeberg!
Siegen, die Geburtsstadt von Peter Paul Rubens
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Der Maler Peter Paul Rubens ist Namensgeber des Rubenspreises der Stadt Siegen. Er wurde 1577 in der Siegener Oberstadt geboren und war einer der gefragtesten und erfolgreichsten Barockmaler. Seine Gemälde sind auf der ganzen Welt bekannt.
Als Maler am Hof des spanischen Königs wurde er sehr geschätzt. Darüber hinaus war er auch als Diplomat tätig, der sich während des Dreißigjährigen Krieges für den Frieden zwischen Spanien und England einsetzte. Als wohlhabender und angesehener Mann starb Rubens im Alter von 63 Jahren in Antwerpen.
Der Rubenspreis der Stadt Siegen
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Seit 1957 wird der Rubenspreis der Stadt Siegen alle fünf Jahre an bedeutende, europäische Maler*innen oder Grafiker*innen vergeben. Die Wahl erfolgt durch eine wechselnde Jury, die sich aus unterschiedlichen Personen zusammensetzt, die alle einen engen Bezug zur jeweils aktuellen Kunstszene aufweisen.
Der Rubenspreis ist die erste internationale Auszeichnung, die innerhalb Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg gestiftet wurde und sollte der Förderung der gegenseitigen kulturellen Beziehungen der Länder dienen, wie in der Satzung von 1958 zu lesen ist. Seit 2002 erhalten die für ihr Lebenswerk prämierten Künstler*innen neben einem Preisgeld auch einen Katalog und eine große Einzelausstellung im MGKSiegen.
Die Sammlung Lambrecht-Schadeberg
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Zu Beginn der 1990er Jahre begann Barbara Lambrecht-Schadeberg, eine private Kunstsammlung aufzubauen. Sie vereint bedeutende Gemälde, Zeichnungen, Grafiken sowie Fotografien und Skulpturen aller Rubenspreisträgerinnen und -preisträger der Stadt Siegen. Das Prinzip der Sammlung besteht darin, eine große Bandbreite unterschiedlicher Kunstwerke zusammenzutragen, die repräsentativ für das Gesamtwerk der Preisträger*innen sind und unterschiedliche Werkphasen widerspiegeln.
Die Sammlung Lambrecht-Schadeberg umfasst mittlerweile einen Bestand von über 300 Arbeiten. Regelmäßig werden die Kunstwerke als ständige Dauerleihgabe in sich wechselnder Zusammenstellung im MGKSiegen gezeigt. Dabei sind permanent Werke aller Künstler*innen ausgestellt, die den Rubenspreis der Stadt Siegen erhalten haben.
Die Rubenspreisträger*innen
1957–2022
1957 Hans Hartung
1962 Giorgio Morandi
1967 Francis Bacon
1972 Antoni Tàpies
1977 Fritz Winter
1982 Emil Schumacher
1987 Cy Twombly
1992 Rupprecht Geiger
1997 Lucian Freud
2002 Maria Lassnig
2007 Sigmar Polke
2012 Bridget Riley
2017 Niele Toroni
2022 Miriam Cahn
1957
Hans Hartung
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Als erster Maler erhielt Hans Hartung (*1904 in Leipzig, †1989 in Antibes) im Jahr 1957 den Rubenspreis der Stadt Siegen. Die Jury würdigte einen Künstler, dessen Werk organisch und reduziert ist auf Form und Farbe. Auf hellem, beinahe durchscheinendem Hintergrund trug er dichte Linien und Schraffuren auf, die sich in der Bildmitte bündeln oder bis an den Rand der Leinwand stoßen.
In späteren Arbeiten wurde die Farbe mithilfe einer Spritztechnik aus mitunter selbst gebauten Werkzeugen aufgetragen, sodass sich wolkenartige Gebilde ergaben. Diese Art der Malerei war für Hartung eine Form des Ausdrucks innerer Empfindungen, die der Künstler im Bild festhalten wollte. Obwohl er für seine früheren Arbeiten regelmäßig exakte Zeichnungen anfertigte, verstand der Maler seine Gemälde doch als unmittelbares und spontanes Zeugnis seiner persönlichen Empfindungen. Das reflexartige Malen und die unterbewusste Geste waren für Hartung eine neue und andere Form der Sprache, die es erlaubte, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Daher galt seine Malerei in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg als wegweisend für viele nachfolgende Künstler*innen.
1962
Giorgio Morandi
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„Das einzige Interesse, das die sichtbare Welt in mir erregt, betrifft den Raum, das Licht, die Farbe und die Formen.“
Giorgio Morandi
Der italienische Maler Giorgio Morandi (*1890 in Bologna, †1964 in Bologna) ist für seine Stillleben und Bilder von Landschaften bekannt. Zeit seines Lebens widmete er sich der Darstellung einfacher, alltäglicher Objekte wie Flaschen, Krüge, Vasen und Schalen. Auf der Leinwand schuf er mit den Gefäßen immer wieder neue Arrangements, sodass trotz ähnlicher Gegenstände kein Bild dem anderen gleicht. Sie tragen alle denselben Titel: „Natura Morta“, zu Deutsch „Stillleben“. In ihnen findet sich sogleich eine konzentrierte Ruhe und Reduktion auf wesentliche Formen und zarte Farben. Morandis Bilder sind schlichte, nahezu minimalistische Darstellungen.
Auch an der Bezeichnung der Landschaftsdarstellungen, deren Titel „Paesaggio“, also „Landschaft“, lautet, hielt der Maler dauerhaft fest. Dabei handelt es sich um eher kleinformatige Bilder, die Wesentliches der italienischen Landschaft rund um Morandis Wohnort wiedergeben: Die erdigen Töne der Natur im Zusammenspiel mit den warmen, mediterranen Farben der Häuser bilden ein harmonisches Bild der Umgebung des Malers.
Für seine klare und aussagekräftige Malerei erhielt der Künstler 1962 den Rubenspreis der Stadt Siegen.
1967
Francis Bacon
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Francis Bacon (*1909 in Dublin, †1992 in Madrid) gilt als einer der bedeutendsten Künstler der gegenständlichen Malerei des 20. Jahrhunderts. International bekannt ist er vor allem für seine menschlichen Portraits, die oftmals bedrohlich und schaurig wirken.
Den Rubenspreis erhielt Francis Bacon im Jahr 1967 als dritter Preisträger. Die Jury lobte ihn für seine „kraftvolle und eindringliche Phantasie“ , die er bisweilen mithilfe von Gegenständen wie Besen und Bürsten auf die Leinwand brachte. Mit diesen eher unkonventionellen Werkzeugen der Malerei schuf der Künstler farbintensive Darstellungen von verzerrten Körpern und furchteinflößenden Gesichtern.
Mit inzwischen sechs Gemälden, die sich in der Sammlung Lambrecht-Schadeberg befinden, beherbergt das MGKSiegen eine wichtige Sammlung zum Werk von Francis Bacon auf dem europäischen Festland.
1972
Antoni Tàpies
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Der spanische Künstler Antoni Tàpies (*1923 in Barcelona, †2012 in Barcelona) ist der 4. Rubenspreisträger der Stadt Siegen. Er erhielt die Auszeichnung 1972. Zur Sammlung Lambrecht-Schadeberg zählen sowohl Gemälde wie auch Skulpturen des Künstlers. Sein Werk ist geprägt von der Verwendung ganz unterschiedlicher und zum Teil für die Malerei ungewöhnlicher Materialien wie Sand, Textilien oder Marmorstaub. Dadurch schuf er eine kontrastreiche Kunst, die von Erhebungen und Vertiefungen bestimmt ist. Farblich orientierte sich Tàpies an den erdigen Tönen der Natur und verwendete für seine Bilder Brauntöne, Ocker, Grau und Schwarz.
Auf oftmals ruhigem, flächigem Hintergrund sind zum Teil mysteriös wirkende Zeichen, mathematische Formeln und Schriften durch Hineinkratzen in die fast trockene Farbschicht aufgetragen. Sie erinnern an Hieroglyphen, aber darunter sind auch ganz universell gebräuchliche Symbole wie das Kreuz, Sterne oder die Silhouette eines Vogels. In ihrer Zusammenstellung wirken sie rätselhaft, jedes Zeichen kann mit einer Bedeutung aufgeladen sein und zum Beispiel auf Spuren des Menschen aus vergangenen Zeiten verweisen.
1977
Fritz Winter
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Im Mittelpunkt der gegenstandslosen Malerei des Künstlers Fritz Winter (*1905 in Altenbögge, †1976 in Herrsching am Ammersee) stehen Formen und Farben. In seinen Bildern hat er sie immer wieder neu arrangiert und somit ein vielseitiges und facettenreiches Oeuvre hinterlassen. Für sein künstlerisches Schaffen schöpfte er aus Erfahrungen und Begegnungen mit anderen Künstlerpersönlichkeiten wie Paul Klee oder Wassily Kandinsky, die er während seines Studiums am Staatlichen Bauhaus in Dessau Ende der 1920er Jahre als seine Lehrer kennengelernt hatte.
Zu Winters bekanntesten Werken zählt die Bildserie „Triebkräfte der Erde“, die er 1944 während eines Heimaturlaubes als Soldat im Zweiten Weltkrieg schuf. Die kleinformatigen Ölmalereien auf Papier sind abstrakte Darstellungen der Erfahrungen, die Winter während des Krieges machte. Sie sehen organisch und mitunter wie traumähnliche Lichtgestalten aus. Insofern sind sie keine realen Darstellungen kriegerischer Ereignisse, sondern spiegeln Winters Perspektive auf seine Umgebung während seiner Zeit als Soldat wider.
Den Rubenspreis der Stadt Siegen erhielt Fritz Winter posthum im Jahre 1977.
1982
Emil Schumacher
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Emil Schumacher (*1912 in Hagen, †1999 in San José) wurde 1982 der Rubenspreis verliehen. Sein künstlerischer Erfolg lässt sich schon durch die jeweilige Teilnahme an den Kunstausstellungen documenta II, III und IV (1959, 1964, 1976) in Kassel ablesen. Seine Karriere als Künstler begann Schumacher nach dem Zweiten Weltkrieg und hatte mit seiner gegenstandslosen Malerei Erfolg. Den Malvorgang verstand er als Prozess und führte seine Pinselstriche, aber auch Einritzungen in die Farbe oder Schraffuren spontan auf der Leinwand aus.
Die Geste des Malers als künstlerischer Akt sowie die Farbe als gestalterisches Mittel, die manchmal in dicken Schichten auf den Untergrund aufgetragen wurde, waren für Emil Schumacher wichtige Elemente seiner Arbeit. Er ging sogar so weit, die Farbe hin und wieder mit anderen Substanzen zu mischen, beispielsweise mit Sand oder Sägemehl. Somit verlieh er der Farbe, unabhängig von der Form, ein besonderes Gewicht. Dabei ist seine Malerei geradezu universell und schafft dabei eigene Welten. Während man sich einerseits in ihnen verlieren kann, lassen sie die Besucher*innen ebenso oft mit neuen Fragen zurück.
1987
Cy Twombly
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In der Sammlung Lambrecht-Schadeberg befinden sich neben Gemälden auch Zeichnungen, Skulpturen und Fotografien des Künstlers Cy Twombly (*1928 in Lexington, †2011 in Rom), der in den USA geboren wurde, aber seit 1957 seinen Lebensmittelpunkt nach Italien verlegt hatte. So wundert es nicht, dass manche seiner Bilder direkt von antiken mythologischen Themen beeinflusst sind, so zum Beispiel das Gemälde „Leda and the Swan“. Für andere seiner Kunstwerke entwickelte Twombly eine sogenannte „Bilderschrift“, denn seine Malerei verstand er als eine eigene und alternative Form von Handschrift. Bekannt ist der Künstler unter anderem für seine „Grey Paintings“, großformatige Bilder, deren Hintergrund in Grau gehalten sind und daher wie Schultafeln anmuten. Mit weißer Kreide hat Twombly regelmäßige Schleifen darauf gezeichnet, die tatsächlich wie Schreibschriftübungen aussehen und die komplette Bildfläche einnehmen. Cy Twombly wurde 1987 mit dem 7. Rubenspreis der Stadt Siegen ausgezeichnet.
1992
Rupprecht Geiger
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„Die Farbe sollte nicht einer Form anhaften, sondern die Farbe selbst soll als eigenständiges Element das Bild tragen.“
Rupprecht Geiger
Als Reaktion auf die überbordende Farbwelt der Werbung und des Konsums sowie auf seine Kriegserfahrungen entwickelte der Maler Rupprecht Geiger (*1908 in München, †2009 in München) seine Kunst, die Farbe in den Mittelpunkt seines Schaffens zu stellen. Dabei beschränkte er sich entweder auf eine leuchtende Farbe oder den Kontrast von Schwarz und Weiß und reduzierte so seine Mittel auf ein Minimum. Geiger demonstrierte, dass der Bildträger sich dabei auf das Farberlebnis auswirken kann, indem er schon sehr früh nicht nur die rechteckige Leinwand nutzte, sondern auch solche in Formen von Kreisen und Ovalen. Um eine gleichmäßige, einheitliche Farbfläche zu erzeugen, nutzte der Künstler eine spezielle Sprühpistole. So entwickelt sich das Gefühl, kein zweidimensionales Bild zu betrachten, sondern sich in der beinahe grenzenlosen, intensiven Farbfläche zu verlieren und tief darin einzutauchen. Im Vordergrund der Kunst Rupprecht Geigers steht daher die Wirkung der Farbe auf die Betrachter*innen. Für seine konsequente, zeitlose Malerei erhielt Rupprecht Geiger 1992 den Rubenspreis der Stadt Siegen.
1997
Lucian Freud
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Der britische Maler Lucian Freud (*1922 in Berlin, †2011 in London) wurde 1997 mit dem Rubenspreis ausgezeichnet. Gegenstand seiner Malerei war der menschliche Körper, aber auch Tiere und Pflanzen stellte der Künstler dar. Sein besonderes Interesse galt dem Wesen des Menschen. Freud portraitierte ausschließlich Freund*innen, Mitglieder seiner Familie oder Bekannte und verzichtete auf professionelle Modelle. Manche der Dargestellten sind unbekleidet; so lässt sich gut die malerische Ausarbeitung der Haut erkennen. Dadurch entstanden individuelle, sehr persönliche Portraits, für die sich Freud nicht ausschließlich auf körperliche Eigenschaften der jeweilig abgebildeten Person konzentrierte, sondern ebenso auf das Innere, den Charakter und die ihm bekannten Wesenszüge und Eigenschaften. In großformatigen Ölgemälden und auch in kleineren Radierungen gelang ihm eine natürlich wirkende, ungestellte Wiedergabe seiner Modelle.
Im Besitz der Sammlung Lambrecht-Schadeberg befinden sich Portraits von unterschiedlichen Persönlichkeiten. Doch finden sich auch Radierungen und kleinere Ölbilder in der Sammlung, die Tiere zum Gegenstand haben. Häufig stellte Freud auch seine Hunde Pluto und Eli dar, denn für ihn war das Wesen des Tieres ebenso bildwürdig wie der Mensch.
2002
Maria Lassnig
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„Seltsamerweise wird die Frage so gut wie nie gestellt, die ich mir selber oft gestellt habe: Wie komme ich dazu, Unsichtbares in der Kunst sichtbar zu machen? Denn Empfindungen sind ja unsichtbar, nur spürbar, und ich male sie sogar auf! Das ist die Herausforderung und ist es noch immer.“
Maria Lassnig
Maria Lassnig (*1919 in Kappel, †2014 in Wien) wurde 2002 für ihr künstlerisches Schaffen mit dem Rubenspreis der Stadt Siegen geehrt. Die gebürtige Österreicherin bezog die Malerei auf ihren eigenen Körper und schuf so genannte „Body-Awareness-Paintings“, also „Körpergefühlsbilder“ – ein Begriff, den sie selbst prägte. Hierbei handelt es sich um Selbstportraits, in denen sie ihre eigenen Empfindungen ergründete und ihr Inneres auf Papier oder Leinwand brachte. Ihre Bilder sind in leuchtenden Farben ausgeführt, die oftmals in Kontrast zur jeweiligen Darstellung stehen. Denn Maria Lassnig widmete sich auch Themen wie Schmerz, Tod und Verlust. Manchmal wirken die abgebildeten Figuren stark deformiert und scheinen wie einem fantasievollen Traum entnommen.
Ihren Zeichnungen und Gemälden schwingt bisweilen durchaus Humor mit. Ihre Zeit in New York nutzte die Künstlerin zum Beispiel für bunte Experimente im Zeichentrickfilm. Stets beschäftigte sie auch die Frage nach der Rolle als Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft, sodass sie sich in ihren Bildern mitunter als Astronautin oder Ritter darstellte. Maria Lassnig war die erste Künstlerin, die mit dem Rubenspreis ausgezeichnet wurde und sie war auch die Erste, die ihre umfassende Ausstellung im 2001 neu eröffneten Museum für Gegenwartskunst zeigen konnte.
2007
Sigmar Polke
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Als einer der bedeutendsten Maler der deutschen Gegenwartskunst gilt Sigmar Polke (*1941 in Oels, †2010 in Köln) aufgrund seines sehr vielfältigen Gesamtwerks. In der Sammlung Lambrecht-Schadeberg befinden sich nicht nur Malereien, sondern unter anderem auch Zeichnungen, Collagen und Fotografien. Während seines gesamten Schaffens hat der Künstler immer wieder mit verschiedenen Materialien und Medien experimentiert. Seine Rolle als Künstler erfand Polke dabei immer wieder neu. Beispielsweise, indem er Arbeiten in Anlehnung an das aus dem Druck bekannte Halbton-Rasterverfahren schuf.
Aber Sigmar Polkes Kunst ist nicht nur von der Nutzung unterschiedlicher Techniken und Stile geprägt. In seinen Werken beschäftigte er sich auch mit ganz verschiedenen Themen. Mal hinterfragte er auf humorvolle Weise die Beziehung zwischen Mann und Frau, setzte sich mit dem Künstlerdasein auseinander oder griff bewusst historische Themen auf, um mal kritisch, mal spielerisch auf die Weltanschauung des Menschen aufmerksam zu machen. Als „ein unersättlicher Experimentator und dabei immer ein hundertprozentiger Maler“ erhielt Sigmar Polke 2007 den Rubenspreis.
2012
Bridget Riley
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Die britische Künstlerin Bridget Riley (*1931 in London, lebt und arbeitet in London) wurde 2012 mit dem Rubenspreis ausgezeichnet. Ihre Bilder und Zeichnungen sind kleine Herausforderungen für das menschliche Auge. Indem die Künstlerin geometrische Formen auf besondere Weise, meist nämlich eng beieinander und in hoher Zahl, auf der Bildfläche anordnet, entstehen für das Auge ungewohnte Konstellationen.
Zu Beginn ihrer Karriere als Malerin nutzte Riley vor allem schwarz-weiß Kontraste und das Zusammenspiel von konvexen und konkaven Formen, sodass ihre Arbeiten der sogenannten Op-Art (Optical Art), also der optischen Kunst zugerechnet werden können. Die Künstlerin entwarf Gemälde und Zeichnungen, die so erscheinen, als wären sie ständig in Bewegung und kreierte dadurch ganz ungewöhnliche visuelle Effekte. Das gelingt ihr seit den 1970er Jahren nicht mehr ausschließlich mit Schwarz und Weiß, sondern ebenfalls in Streifen- und Rautenbildern, deren Farbkombinationen vorab durchdacht sind. Dazu probierte sie in mehreren Phasen verschiedene Farbpaletten und auch Formen aus, etwa vertikale Streifen und Linien, Rauten sowie Bögen. In der Sammlung Lambrecht-Schadeberg befindet sich eine beträchtliche Anzahl von Skizzen und Studien, in denen Rileys Vorgehensweise und die Anordnung von Farben und Flächen auf der Leinwand vorbereiten.
2017
Niele Toroni
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Mit Präzision und Gleichmäßigkeit trägt der in der Schweiz geborene Maler Niele Toroni (*1937 in Muralto, lebt und arbeitet in Paris) seine Pinselabdrücke im Abstand von jeweils 30 cm auf eine Fläche auf. Stets nutzt er dabei die gleiche Pinselgröße Nr. 50, doch die Farbe und auch der Untergrund wechseln. Neben „klassischen“ Arbeiten auf Leinwand existieren auch Werke auf Metallplatten, Zeitungspapier oder Wachstüchern. Toroni ist aber insbesondere dafür bekannt, seine Malerei direkt in Gebäuden auf Wände, Türen oder Mauern aufzutragen. Alle Flächen können zum Bildträger werden im Innen- wie auch im Außenraum.
Das exakte Setzen eines Pinselabdruckes auf eine vorgefundene Fläche bestimmt die künstlerische Geste. Dieser immer gleichen Arbeitsmethode und dem damit verbundenen, konzeptuellen Ansatz ist Toroni bis heute treu geblieben. Er erhielt dafür im Jahr 2017 den Rubenspreis der Stadt Siegen. Im Jahr der Preisverleihung entstand unter anderem ein Werk, das mit gelber Acrylfarbe auf die weiße Wand im Ausstellungsraum des MGKSiegen aufgetragen wurde und nun nicht nur Teil der Sammlung, sondern auch der Architektur geworden ist.
Der Rubenspreis, ein Querschnitt durch die Malerei des 20. und 21. Jahrhunderts
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Der alle fünf Jahre verliehene Rubenspreis wurde in der Vergangenheit an ganz unterschiedliche Künstler*innen vergeben. Sie alle eint die Malerei, doch die Ausgestaltung der Kunstwerke erweist sich als individuell. Abstrakte und ungegenständliche Kunst, figurative Malerei sowie experimentelle oder farbintensive Bilder wechseln sich ab. Sie spiegeln sowohl die künstlerische Haltung als auch die Zeit ihrer Entstehung wider – vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart. Damit präsentiert die Sammlung Lambrecht-Schadeberg nicht nur einen Querschnitt durch die Malereigeschichte des 20. und 21. Jahrhundert, sondern verbindet auch Gestern und Heute. Mit Spannung wird die Vergabe des nächsten Rubenspreises im Jahr 2027 erwartet.
Das Feature entstand im Rahmen des Projektes „Museum Digital“, gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Texte und Projektkoordination: Nora Memmert
Redaktionelles Team: Ann-Katrin Drews, Ines Rüttinger, Stefanie Scheit-Koppitz, Christian Spies, Thomas Thiel
Englische Übersetzung: Lucinda Rennison
Audioproduktion: Tonwelt GmbH 2020
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