Knotenpunkte
To be or not to be Mouchette
Sieben Künstler*innen, sieben Museen – sie bilden die Knotenpunkte der gleichnamigen Ausstellung, die vom 16. September bis 11. November 2007 in Nordrhein-Westfalen gezeigt wurde. Das Projekt des Kultursekretariats NRW Gütersloh, das von dem Leipziger Kunsthistoriker Matthias Weiß kuratiert wurde, lässt es aber mit der Metapher des Netzes nicht bewenden, sondern zeigte sieben internationale Positionen, die sich im engsten wie weitesten Sinn mit dem Internet auseinandersetzen und dieses als Material und Medium nutzen.
Die Arbeiten der Künstlerin Mouchette verbindet eine kritische Auseinandersetzung mit Kernthemen der Gegenwart. Berührt wird die Rolle des Museums und sein Depot als öffentliches Eigentum, also als Gemeingut, in der Arbeit Cornelia Sollfranks, die im Märkischen Museum Witten der problematischen Frage nach dem „geistigen Eigentum“, der Kommerzialisierung von Bildern und ihren Verwertungsrechten in Zeiten des Internets nachgeht. Sascha Büttner erforscht Produktionsbedingungen für KünstlerInnen im Rahmen seiner Installation „Trashpavilion“ in der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, in welcher der Besucher eigene Forschungen anstellen kann. Auf subtile Weise koppelt Carlo Zanni seine Erfahrungen als Künstler, der in Italien und den USA zuhause ist, an Erlebnisse von Migration und verdichtet sie zu einer poetischen audiovisuellen Installation im Kunstmuseum Ahlen.
Ilona Johanna Plattner untersucht mittels Interventionen und Performances im Städtischen Museum Gladbeck, Schloss Wittringen, das Spannungsfeld aus realer (Stadt-)Geschichte und der Repräsentation ihres künstlerischen alter egos, der „Mystikerin“ in Form dreier Akte und thematisiert damit die Rolle des Fiktionalen auch in Bezug auf die Möglichkeiten des Internets. Das Museum für Gegenwartskunst Siegen wird Gastgeber für die 13jährige Künstlerin Mouchette, einer nur im Internet existierenden Person. Ihre Auseinandersetzung mit dem Selbstmord von Kindern basiert auf den Äußerungen realer Menschen, welche Mouchettes Webseite als Kommunikationsplattform nutzen. Mittels kleiner Portionen künstlicher Intelligenz formieren sich kleine synaptische Motoren zum „Notbot“ von Jens Brand, der im Zentrum für Internationale Lichtkunst, Unna, sich zur Welt verhalten wird. Dieses Netz wird als Plastik wahrnehmbar und reagiert auf seine Umwelt auf verschiedene Weisen: mal erstarrt es, mal bildet es Muster, mal erinnert es sich an vergangene Zustände.
Unter globalen Bedingungen verschränkt Richard Kriesche auf acht Projektionen im Skulpturenmuseum Glaskasten Marl die weltbeherrschenden Informationssysteme von Google und Börse und zeigt anhand von börsenkorrekten Charts, dass Informatisierung und Kapitalisierung ineinander übergehen. Er kritisiert den tradierten Kunstbegriff und dessen übersteigerte Objekthaftigkeit, die sich in Auktionen von Werken zeitgenössischer Kunst anhand unvorstellbarer Preise spiegelt. Alle Positionen belegen, dass Kunst mit dem Internet nicht heißen muss, nur vor Bildschirmen zu sitzen. Netzkunst – so ein Anliegen der Ausstellung „Knotenpunkte“ – erweitert die zeitgenössische Kunst und bedient nicht nur den Festivalzirkus von der transmediale bis zur ars electronica.